Protest gegen Pilotprozess gegen fünf Angeklagte im „Rondenbarg-Prozess“
Circa 150 vorwiegend junge Menschen fanden sich heute zum Protest gegen das Pilotverfahren vor dem Hamburger Landgericht gegen die fünf jüngsten Angeklagten im „Rondenbarg-Prozess“ ein
Von Korrespondenz aus Hamburg
Rote Fahne News hatte im Vorfeld berichtet: (siehe hier). Die Solidaritäts-Kundgebung wurde von der Polizei scharf bewacht. Weil die Fünf im Juli 2017 noch Jugendliche waren, wendet das Gericht das Jugendstrafrecht an und schließt damit die Öffentlichkeit aus – angeblich zum „Schutz der jugendlichen“. Dabei wollen diese durchaus einen öffentlichen Prozess mit Besuchern und politischer Beobachtung.
Der Jugendverband REBELL spricht seine volle Solidarität mit allen Angeklagten aus, die im Zuge der G-20 Proteste am 7. Juli 2017 verhaftet wurden. Er schreibt: “ Nach über drei Jahren beginnt am heutigen 3. Dezember 2020 der erste Prozess, gegen die damals teilweise noch minderjährigen Demonstrationsteilnehmer. Und das in einer Situation, in der immer deutlicher wird, dass Protest und Rebellion gegen die Rechtsentwicklung der Regierung und den Abbau demokratischer Grundrechte mehr als gerechtfertigt ist.
Die Polizei gehört auf die Anklagebank!
Die Demonstration in Rondenbarg wurde damals von der Polizei regelrecht überfallen. Innerhalb von 60 Sekunden war die Demo durch die brutale Polizeigewalt wie zerlegt, 14 Demonstrationsteilnehmer trugen schwere Verletzungen wie offene Brüche davon. Insgesamt mehr als 50 wurden angeklagt. Darunter auch fast alle Mitglieder des damaligen ver.di-Bezirksjugendvorstands NRW-Süd. Diese Anklagen und Repressalien richten sich gegen rebellische Jugendliche und die Rebellion der Jugend als Ganzes und waren verbunden mit einer antikommunistischen Hetzkampagne gegen angeblichen ‚Linksextremismus‘.
Diese Einschüchterungsversuche lassen wir uns nicht gefallen! In Wirklichkeit gehört die skandalöse Polizeigewalt auf die Anklagebank!
(…) Der Jugendverband steht solidarisch im Kampf gegen die Repressionen und ruft auch dazu auf sich an den Protesten am 5. Dezember, um 16 Uhr, am Hauptbahnhof Hamburg zu beteiligten. Wir verbinden das damit, die Bewegung ‚Gib Antikommunismus keine Chance!‘ zu verbreiten. Diese reaktionäre Weltanschauung, versucht die Polizeigewalt gegen die Rebellion der Jugend und die jetzigen Gerichtsverfahren zu legitimieren und diffamiert unseren gerechten Kampf als ‚extrem‘ oder gar ‚terroristisch‘. Der Antikommunismus gehört gesellschaftlich geächtet. Hoch die internationale Solidarität – Gib Antikommunismus keine Chance!“
In Ansprachen wurden zu Recht die brutale Polizeigewalt und die Einschränkung demokratischer Grundrechte und Freiheiten gegen die Demonstranten, die im Juli 2017 in Hamburg ihren Protest gegen den Gipfel der Kriegstreiber und imperialistischen Räuber auf die Straße getragen hatten, angeprangert. Mit den über 80 Prozessen soll dazu ein Exempel statuiert werden, dass die Rechtsentwicklung und die Faschisierung des Staatsapparats notwendig zur Aufrechterhaltung von „Recht und Ordnung“ sei. So sollen die wachsenden Proteste gegen die Militarisierung der Gesellschaft und gegen faschistische Strukturen in Polizei und Bundeswehr kriminalisiert werden.
Auch Fabio, der junge Italiener, der bereits fünf Monate in Hamburg in Untersuchungshaft saß und dessen Prozess 2018 niedergeschlagen wurde, war vor Ort und hielt ein Grußwort. Die MLPD war als einzige Partei da, deutlich zu sehen mit ihrer Parteifahne und der Fahne des Internationalistischen Bündnisses. Auch wir wollten ein Grußwort halten. Nach einiger Diskussion wurde dies jedoch von den Organisatoren abgelehnt. Allerdings wurde respektiert, dass wir unsere Solidarität zeigten
Solidaritätserklärung der MLPD Hamburg-West:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Genossinnen und Genossen,
wir erklären uns solidarisch mit allen Angeklagten im „Rondenbarg-Prozess“. Die Jugendlichen sollen heute für alle, die damals bei G20 gegen die Arroganz der Macht aufgestanden sind, stellvertretend angeklagt werden.
Angeklagt wird das legitime Recht darauf, Kritik am herrschenden System und seinen Machtorganen zu üben.
Heute beginnt ein Pilotprozess gegen die fünf jüngsten Angeklagten, die zur Zeit der G20-Proteste noch minderjährig waren. Dabei genügt alleine ihre Anwesenheit bei der Rondenbarg-Versammlung, um ihnen ein gemeinsames Tathandeln zu unterstellen, was dann angeblich für eine Verurteilung ausreiche. Das läuft alles auf einen Gesinnungsprozess hinaus, in dessen Rahmen, wie in München in den TKP/ML-Prozessen, ohne Nachweis einer Straftat die gesellschafts- und systemkritische Gesinnung verurteilt werden soll. Im Sinne von „Gib Antikommunismus keine Chance!“ fordern wir die sofortige Einstellung der Verfahren und die Entschädigung der Betroffenen. Und: Weg mit den Paragraphen 128a und b!
Jürgen Bader
Samstag, 28.11.2020, 16:00 Uhr
Heute Aktionstag gegen G20-Prozess
In mehr als zehn Städten findet heute ein Aktionstag gegen Polizeigewalt und die Einschränkung demokratischer Grundrechte und Freiheiten und zur Solidarität mit den angeklagten G20-Demonstrantinnen und -demonstranten statt.
Anlass ist, dass am 3. Dezember 2020 der bisher größte Prozess gegen Demonstranten stattfindet, die im Juli 2017 in Hamburg ihren Protest gegen den Gipfel der Kriegstreiber und imperialistischen Räuber auf die Straße getragen hatten. Bonner Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gehörten zu den ersten Angeklagten.
Im Aufruf des Aktionsbündnisses heißt es: „Mehr als drei Jahre sind vergangen seit dem G20-Gipfel in Hamburg, bei dem Mitte 2017 die Bundesregierung mit Trump, Erdogan, Bolsonaro und anderen globalen Machthabern tagte. Am 3. Dezember 2020 beginnen nun von der Hamburger Staatsanwaltschaft betriebene ‚Mammutprozesse‘ gegen vom Polizeiübergriff in der Hamburger Straße „Rondenbarg“ betroffene Demonstrantinnen und Demonstranten. Obwohl aufgrund des vorliegenden Videomaterials der dringende Verdacht besteht, dass die angeklagten G20-Gegnerinnen und -Gegner zum Opfer von z.T. schwerer Polizeigewalt und Freiheitsberaubung im Amt wurden, steht bis zum heutigen Tag keiner der Polizeibeamten vor Gericht. Soweit Ermittlungen eingeleitet wurden, modern diese im „Dezernat für Interne Ermittlungen“ der Hamburger Polizei vor sich hin.
In den bisher größten G20-Prozessen bisher sind insgesamt mehr als 50 Demonstranten angeklagt, darunter fast alle Mitglieder des damaligen ver.di-Bezirksjugendvorstands NRW-Süd (heute: Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen) und Aktive der „Bonner Jugendbewegung“, die seit 2007 für Bildungsstreiks, Klimaproteste, Demos gegen Neonazis und für Flüchtlingssolidarität in Bonn und Umgebung bekannt ist.
Durch einen Trick hat das Hamburger Gericht die Öffentlichkeit ausgerechnet bei diesem Skandalverfahren ausgeschlossen: Es wird zunächst nur gegen fünf damals Jugendliche verhandelt, und Verfahren gegen Jugendliche sind nichtöffentlich. Der Ausschluss der Öffentlichkeit geschieht offiziell ‚zum Schutz der Angeklagten‘ – genau diese wünschen sich aber explizit einen öffentlichen Prozess mit politischer Beobachtung!“
Die MLPD unterstützt den Protest gegen den Hamburger Prozess und den heutigen Aktionstag. Rote Fahne News wird weiter berichten.