23.12.20
Liebe Kollegen/innen und Freunde,
ein sehr spezielles Jahr neigt sich seinem Ende entgegen. Die aktuellen Berichte über die Auswirkungen der unkontrollierten Ausbreitung der Pandemie sind alarmierend und werfen viele Fragen auf. Wir fühlen uns dadurch bestätigt in unseren sehr frühzeitigen Hinweisen auf die Gefährlichkeit des Virus – und an unserer Kritik an jeder Verharmlosung, auch durch Mediziner und namhafte Wissenschaftler, zuletzt durch den Aufruf „Ärzte stehen auf“. Sich nur noch auf den Schutz von vulnerablen Bevölkerungsgruppen zu fokussieren und ansonsten „ganz pragmatisch“ die Schutzmaßnahmen weitgehend auszusetzen, ist Ausdruck einer unverantwortlichen Ignoranz.
Das zeigt eine aktuelle Studie von Science über den Verlauf der Pandemie in der brasilianischen Provinz Manaus, wonach sich auch nach einer hohen Durchseuchung mit CoV-2 keine Herdenimmunität einstellte. Möglicherweise ist es diese Erkenntnis, die unsere Regierung aktuell etwas in Panikstimmung versetzt.1
Aus Südafrika und Großbritannien wird über SARS-CoV2-Mutationen berichtet mit erhöhter Infektiosität. Inwieweit die Abschottung durch die EU gerechtfertigt ist, ob die Panikstimmung auch bewusst geschürt wird, um von dem Brexit-Desaster abzulenken und was das für die jetzt beginnende Impfungen bedeutet, das ist noch nicht klar. Unstrittig ist Europa wieder zu einem Epizentrum der Pandemie geworden, auch weil versäumt wurde, die Sommermonate für notwendige und mögliche Gesundheitsschutzmaßnahmen zu nutzen und sich auf die vorauszusehende zweite Welle vorzubereiten.
Am Sonntag beginnt die Impfung gegen Covid-19 auch in Deutschland und anderen EU-Ländern, die USA und Großbritannien waren schon ein paar Tage früher dran, allerdings mit Notzulassungen für den Biontec- und Moderna-Impfstoff. Die EU-Zulassung für Biontec/Pfizer ist eine reguläre Zulassung und auf 1 Jahr befristet. Also „Licht am Ende des Tunnels“? Die Impfung ist sicher ein wichtiges und unverzichtbares Element im Kampf gegen Covid-19, aber eben lange nicht das einzige.
Nach wie vor bleiben brennende Probleme ungelöst: Der verweigerte Gesundheitsschutz in zahlreichen Großbetrieben und bei Logistikern, die Situation im ÖPNV und in den Schulen. Es gibt Großbetriebe mit einer errechneten Inzidenz von bis zu 3000. Und wenn die Schulen nicht räumlich, personell, hygienisch und technisch richtig ausgestattet werden (vom schnellen Internet bis zur Raumluftreinigung) bleibt selbst das Reuebekenntnis der NRW- Landesregierung, jetzt doch Präsenz- und Distanzunterricht zu kombinieren, ein Lippenbekenntnis.
Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz ist heute 195,1, Spitzenreiter ist der Landkreis Bautzen mit 602,2. Die „zweite Welle“ ist also noch lange nicht gebrochen, trotz des sogenannten „harten Lockdown“. Auch dieser orientiert einseitig auf private Begegnungen, missbraucht die Pandemie für Abbau demokratischer Rechte (Mecklenburg-Vorpommern hat alle politischen Veranstaltungen verboten), wälzt die Lasten der Krise auf die breite Bevölkerung ab und ruiniert kleine Selbstständige. Die „Corona-Hilfen“ der Regierung kommen vor allem den Konzernen zugute.
Interessant und unerträglich ist auch die Verstärkung der zweiten Welle durch die Aktivitäten der faschistischen Querfrontler und Corona-Leugner.
Hierzu folgende interessante Grafik zum Einfluss der vom Staatsapparat höflich eskortierten bundesweite Querfront-Demo in Leipzig am 7.November, die 45000 Teilnehmer, die alle Hygieneauflagen ignorierten, kamen vorwiegend aus den östlichen und südlichen Bundesländern:
Durchgesickert sind inzwischen die Preise für die Impfungen der diversen Hersteller. Demnach ist das Mittel des US-Unternehmens Moderna am teuersten: Es würde 18 Dollar pro Dosis kosten. Der US-Konzern Johnson & Johnson würde 8,50 Dollar verlangen. Der Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seinem US-Partner Pfizer liegt bei zwölf Euro pro Dosis, die Tübinger Firma Curevac verlangt zehn Euro, Sanofi (Frankreich) 7,56 Euro. Mit Abstand am günstigsten wäre das Mittel von Astra Zeneca mit nur 1,78 Euro pro Dosis.
Die EU-Kommission hat im Auftrag der EU-Mitgliedstaaten Lieferverträge mit diesen sechs Anbietern abgeschlossen. Die Lieferverträge der EU mit Moderna und Biontec/Pfizer wurden von 280 auf 460 Millionen Impfdosen aufgestockt, insgesamt sind 1,3 Milliarden Impfdosen von diesen 6 Anbietern bestellt.
In ärmeren Ländern wie z.B. in Peru soll die Impfung erst im August beginnen. Die feierlichen Bekundungen der UNO und der EU, dass die Impfung jedem Menschen auf der Erde zu bezahlbaren Kosten zur Verfügung stehen müsse, sind das eine, die Realität ist anders. Der Kampf für den raschen und kostenlosen Zugang zu als sicher und wirksam überprüften Impfstoffen steht weltweit an, er muss mit dem Kampf für leistungsfähige öffentliche Gesundheitssysteme verbunden werden – an denen es in den allermeisten Ländern dringend mangelt! In diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf die neue Resolution der ICOR „Impfstoffe gehören der Menschheit – nicht den Pharmakonzernen!“2
Wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritt und weiterhin offene Fragen
Eine mögliche Erklärung für wiederholt positive PCR-Tests auch nach überstandener Corona-Infektion liefert eine Untersuchung von US-Forschern: Der Studie zufolge könnten in sehr seltenen Fällen kleine Schnipsel des Coronavirus-Erbguts in das menschliche Erbgut eingebaut werden.
Dies könnte im PCR-Test eine Infektion vortäuschen – obwohl die Viren längst aus dem Körper verschwunden sind, berichten die Wissenschaftler in ihrer Vorabveröffentlichung, die noch nicht von unabhängigen Forschern geprüft wurde. Ganze Viren, die eine neuerliche Erkrankung auslösen oder andere Menschen anstecken, könnten infolge der Erbgut-Übernahme aber nicht gebildet werden, schreiben die Wissenschaftler.
Davon unterscheiden müssen wir chronische Verläufe von Covid-19 mit wiederholter Zunahme der Viruslast!
Vom Paul-Ehrlich-Institut und vom RKI wird dogmatisch verbreitet, durch m-RNA-Impfstoffe könne es zu keinen Eintragungen ins menschliche Genom kommen. Das lässt sich so nicht aufrecht erhalten.
Die Arbeit der Forscher um Rudolf Jaenisch vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge zeigt nun womöglich, dass das unter extremen Umständen doch möglich ist und in sehr seltenen Fällen vielleicht auch nach einer natürlichen Infektion passiert. Zum einen fanden die Wissenschaftler in Erbgut-Daten von Zellen infizierter Menschen Bruchstücke von Virus-Erbgut in der menschlichen DNA.
Zum anderen belegten sie in Zellkultur-Experimenten, dass die Zellen in seltenen Fällen Virus-Erbgut aufnehmen können, wenn bestimmte Erbgut-Abschnitte des Menschen überaktiviert werden. Das kann etwa durch eine Infektion passieren. Durch diese Aktivierung wird die RNA des Virus in DNA umgeschrieben und kann dann ins menschliche Erbgut eingebaut werden.
Das spricht nicht grundsätzlich gegen die mRNA-Impfstoffe, verlangt aber eine intensive und langfristige Beobachtung der Geimpften, vor allem auch bei Patienten mit HIV oder Hepatitis B (diese Viren verfügen alle über Reverse Transkriptase, die RNA in DNA umschreibt).3
Kinder, schwangere Frauen, Krebspatienten und Patienten mit Immunkrankheiten waren (mit Ausnahme von HIV-Patienten) bisher noch nicht in die Impfstudien einbezogen und dürfen nicht geimpft werden, ebenso Allergiker mit bedrohlichen allergischen Zwischenfällen in der Vorgeschichte.
Die Reihenfolge der Impfungen ist in einer Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums festgelegt, die auf der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (RKI) aufbaut.
Die Priorisierung im Einzelnen:
Höchste Priorität
• Über 80-Jährige
• Personen, die in stationären Einrichtungen für ältere oder pflegebedürftige Menschen behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tätig sind,
• Pflegekräfte in ambulanten Pflegediensten
• Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit hohem Expositionsrisiko wie Intensivstationen, Notaufnahmen, Rettungsdienste, als Leistungserbringer der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, -Impfzentren und in Bereichen mit infektionsrelevanten Tätigkeiten
• Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen, die Menschen mit einem hohen Risiko behandeln, betreuen oder pflegen. (Hämato-Onkologie und Transplantationsmedizin.
Hohe Priorität
• Über 70-Jährige
• Personen mit Trisomie 21, mit Demenz oder geistiger Behinderung, nach einer Organtransplantation
• Enge Kontaktpersonen von über 80-Jährigen oder Bewohnern von Alten- Pflegeheimen und Heimen für geistig Behinderte
• Kontaktpersonen von Schwangeren
• Personen, die in stationären Einrichtungen für geistig behinderter Menschen tätig sind oder im Rahmen ambulanter Pflegedienste regelmäßig geistig behinderte Menschen behandeln, betreuen oder pflegen,
• Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem hohen oder erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere Ärzte und sonstiges Personal mit regelmäßigem Patientenkontakt, Personal der Blut- und Plasmaspendedienste und in SARS-CoV-2-Testzentren
• Polizei- und Ordnungskräfte, die im Dienst, etwa bei Demonstrationen, einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind.
• Personen im öffentlichen Gesundheitsdienst und in relevanten Positionen der Krankenhausinfrastruktur
• Personen, die in Flüchlings- und Obdachloseneinrichtungen leben oder tätig sind
Erhöhte Priorität
• Über 60-Jährige
• Personen mit folgenden Krankheiten: Adipositas, chron. Nierenerkrankung, chron. Lebererkrankung, Immundefizienz oder -Infektion, Diabetes mellitus, div. Herzerkrankungen, Schlaganfall, Krebs, oder Asthma, Autoimmunerkrankungen und Rheuma
• Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit niedrigen Expositionsrisiko (Labore) und ohne Betreuung von Patienten mit Verdacht auf Infektionskrankheiten
• Personen in relevanter Position in Regierungen, Verwaltungen und den Verfassungsorganen, in Streitkräften, bei der Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und THW, Justiz
• Personen in relevanter Position in Unternehmen der kritischen Infrastruktur, im Apotheken und Pharmawirtschaft, öffentliche Versorgung und Entsorgung, Ernährungswirtschaft, Transportwesen, Informationstechnik und Telekommunikation
• Erzieher und Lehrer
• Personen, mit prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen
Diese Priorisierung richtet sich nach den zu erwartenden schweren Verläufen und tödlichem Ausgang bei den verschiedenen Risikogruppen. Sie orientiert sich nicht am persönlichen Infektionsrisiko und dem damit verbundenen Risiko, die Infektion weiter zu verbreiten.
Deswegen bleiben unsere Ende November im Konsensverfahren ausgearbeiteten Forderungen aktuell, die wir im Anhang noch einmal wiedergeben, mit der Bitte, diese auch in die aktuelle Diskussion und Pressearbeit einzubringen!
Das Buch „Covid-19 – neuartig – gefährlich – besiegbar“ geht jetzt in die 3. Auflage, die wichtige Aktualisierungen und Ergänzungen enthält. Wir hoffen auf Auslieferung im Januar. Für die Bezieher der beiden ersten Auflagen wird eine Ergänzungsdatei angeboten.
Wir bedanken uns nochmals ausdrücklich für die vielfältigen Hinweise, Zuschriften und Ermutigung vieler Leser/innen dieser Info-Mail und Mitstreiter/innen der Mediziner Plattform im Internationalistischen Bündnis und wünschen erholsame Feiertage, alles Gute für das Jahr 2021, Gesundheit und gemeinsamen Erfolg!
Herzliche Grüße
Günther Bittel – Willi Mast – Günter Wagner
– Anlage –
Forderungen der Medizinerplattform im Internationalistischen Bündnis zu Impfungen im Kampf Igegen die Covid-Pandemie:
1. Aussetzung des Patentrechtes. Freier Zugang weltweit für alle Menschen zu einem gut geprüften, sicheren und effektiven Impfstoff. Impfstoffe und lebensnotwendige Medikamente müssen Gemeingut sein. Keine Schnellzulassung unter Umgehung notwendiger Prüfverfahren und Sicherheitsschritte – aber auch keine bürokratische Verzögerung bei der Zulassung z.B. aus Gründen der imperialistischen Konkurrenz.
2. Großstudien über mindestens 3 Jahre zur Effektivität und Verträglichkeit des Impfstoffs, zu Covid-19-Antikörpern und spezifischen T-Zellen, zu Virusmutationen und zur Notwendigkeit von Wiederholungsimpfungen bzw. Anpassung des Impfstoffs an die Virusentwicklung.
3. Schwerpunkt der Covid-19-Impfungen muss im ambulanten Gesundheitssektor liegen, d.h. bei den niedergelassenen Ärzten, Krankenhausambulanzen und werksärztlichen Zentren, die am besten ihre Patienten kennen und dann auch eine entsprechende Nachbeobachtung organisieren können. Dass chronisch kranke und betagte Patienten vor Impfzentren Schlange stehen sollen, ist unzumutbar! Den Einsatz der Bundeswehr bzw. die Organisation von Impfzentren durch das Militär inklusive Transportsicherung durch Soldaten lehnen wir prinzipiell ab als Mittel für eine weitere Militarisierung.
4. Die Reihenfolge der Impfungen muss sich nach streng medizinischen und infektologischen Kriterien richten: Risikopatienten, Beschäftigte in kontaktintensiven Bereichen (Gesundheitswesen, Erzieher, Lehrer, Produktionsarbeiter).
5. Die oben genannten Einrichtungen sind mit entsprechenden Kühlaggregaten auszustatten auf Kosten des Bundes. Der Aufwand für Impfung und Nachbeobachtung ist adäquat zu vergüten. Die Zwischenlagerung zwischen auslieferndem Pharmaunternehmen und den impfenden Ärzten muss durch öffentliche Gesundheitsbehörden organisiert werden.
6. Die Restriktionen in Bezug auf Nachverfolgung der Laborwerte sind ersatzlos aufzuheben, alle Laboruntersuchungen in Zusammenhang mit Covid-19 und der Impfung sind extrabudgetär zu vergüten.
7. Einführung einer Corona-Abgabe zu Lasten von Großvermögen, großer Finanzgesellschaften und Konzerne mit einer Vermögenssteuer bzw. Umsatzsteuer
8. Organisierung der Massenproduktion und der raschen weltweiten Ausgabe des Impfstoffs – im Zeichen der internationalen Solidarität. Keine „Deals“ im Sinne der Macht- und Profitinteresse von Konzernen und Staaten!
9. Die Impfung darf nicht als Alibi missbraucht werden, andere dringend gebotene Gesundheitsmaßnahmen zu unterlassen – in Schulen, Verkehrsbetrieben, Gemeinschaftsunterkünften, Betrieben und beim Umweltschutz. Aufstockung und bessere Bezahlung aller Pflegekräfte!
1Buss et al.: Three-quarters attack rate of SARS-CoV-2 in the Brazilian Amazon during a largely unmitigated epidemic. Science 08 Dec 2020: eabe9728
2https://www.icor.info/2020-1/impfstoffe-gehoeren-der-menschheit-nicht-den-pharmakonzernen
319.12.20 https://www.t-online.de/gesundheit/krankheiten-symptome/id_89151436/coronavirus-gelangen-erbgut-reste-in-menschliches-erbgut-.html