Liebe Kollegen/innen und Freunde,
Angesichts der Unwetterkatastrophe in Deutschland und des allseitigen weltweiten Krisen-Chaos rückte die Corona-Pandemie zeitweilig etwas in den Hintergrund. Wie zu erwarten, steigen die Inzidenzzahlen mit der Deltavariante inzwischen rasch an, in verschiedenen Ländern wie den USA bereits massiv, auch abhängig von der Impfbereitschaft der Bevölkerung – die ist besonders schlecht in den Wahlkreisen, die von Trump-Wählern dominiert werden! Krankenhäuser in den gesamten USA schildern, dass sich ihre Betten mit Covid-19-Patienten füllen und die Patienten jünger als je zuvor sind – viele seien zwischen 20 und 40 Jahre alt, berichtet CNN. Der Berater von US-Präsident Joe Biden warnte vor einer „Pandemie der Ungeimpften“
Auch in Deutschland dominiert inzwischen die Delta-Variante mit über 90 % den Pandemieverlauf. Angesichts eines fahrlässigen und inkonsequenten Krisenmanagements (pragmatisches „auf Sicht fahren“) und der schrittweise Aufhebung der Maßnahmen zum Gesundheitsschutz ist der Übergang in eine 4. Pandemiewelle vorprogrammiert. Im Gegensatz zu asiatischen Ländern haben sich die westlichen Regierungen dem Kurs ihrer internationalen Konzerne und Monopole angepasst, d.h.:
Impfen und auf andere wirksame und notwendige Maßnahmen der Bekämpfung der Pandemie weitgehend zu verzichten
max. Profite aus den RNA-Impfstoffen herauszuschlagen und das zu einem dauerhaften Geschäftsmodell zu machen
die ärmeren Ländern beim Impfen im Regen stehen zu lassen – mit allen katastrophalen Konsequenzen
eine wachsende Übersterblichkeit bewusst in Kauf zu nehmen
die Massen durch eine verwirrende Diskussion zu verunsichern, um den Widerstand gegen das weltweite Krisenszenario zu lähmen.
In auffälligem Kontrast dazu steht das Vorgehen in ostasiatischen Ländern. China, Australien, Taiwan, Vietnam und Japan verfolgen eine Politik der konsequenten Eindämmung der Pandemie, weil sie – ebenso wie die Befürworter einer Zero-Covid-Strategie – die langfristige Gefährdung ernster einschätzen. In einer australischen Großstadt wurde vor kurzem ein strenger Lockdown verhängt – wegen einer einzigen Infektion mit der Deltavariante. Und in Japan werden die olympischen Spiele unter strengstem Gesundheitsschutz durchgeführt, ganz im Gegensatz zu den Fußballspielen in Europa in überfüllten Stadien!
Damit gewinnt die öffentlichen Diskussion über die Gefährlichkeit von Co-V2 und den weiteren Pandemie-Verlauf an Bedeutung. Wichtige Hinweise gibt die Untersuchung der Übersterblichkeit in den verschiedenen Ländern seit Januar 2020, d.h. die Zunahme der Gesamtsterblichkeit im Vergleich zu den vorausgehenden Jahren. Dazu liegen inzwischen Daten aus 78 Ländern vor. Die bisherigen Angaben über die Corona-Sterblichkeit sind unzuverlässig. Es wurden nur Fälle erfasst, die in den ersten Wochen nach der Infektion verstorben sind – nicht aber Menschen, die an den Post-Covid-Folgen versterben (Häufung von Infarkten, Embolien, Organschäden, Immunkrankheiten, neurologische Erkrankungen).
Die höchste Übersterblichkeit in Europa (über 400 pro 100 000) haben Russland, Tschechien, Rumänien, Litauen, Serbien. Den geringsten Anstieg haben Deutschland und die skandinavischen Länder. Allein Dänemark zeigt keinen Anstieg der Mortalität. In lateinamerikanischen Ländern hat sich die Gesamt-Mortalität verdoppelt, in Australien und Neuseeland ist sie zurückgegangen.
Offensichtlich liegt die Zahl der Corona-Opfer deutlich über den offiziellen Zahlen. Und offensichtlich ist die Übersterblichkeit auch ein guter Gradmesser für das Krisenmanagement der Regierungen.
Karlinsky, A. et al: “Tracking excess mortality across countries during the COVID-19 pandemic with the World Mortality Dataset“, eLife, 30. Juni 2021.
Damit sind wichtige Fragen aufgeworfen: Stellt die Covid-Pandemie eine Zäsur dar in der Entwicklung der Weltgesundheit, mit dem Beginn eines Absinkens der Lebenserwartung breiter Bevölkerungskreise auf Grund der Covid-Langzeitfolgen? Inwieweit ist das Ansteigen der Übersterblichkeit in verschiedenen Ländern auch durch andere Faktoren der globalen Krise des imperialistischen Weltsystems bedingt – wie Umweltkatastrophen, Hunger, Wirtschaftskrise, Abbau des öffentlichen Gesundheitswesens etc.?
Global gesehen zeigt die Pandemie zwei unterschiedliche Verläufe: In den reicheren Ländern verläuft Covid-19 auf Grund der Impfprogramme zunehmend kontrolliert in Bezug auf schwere Verläufe und die Zahl der notwendigen Krankenhausaufnahmen und intensivmedizinischen Behandlungen. In ärmeren Länder, denen bislang Impfstoffe zu bezahlbaren Preise vorenthalten werden, beschleunigt die Pandemie ein massenhaftes Sterben und den Zusammenbruch von wirtschaftlicher und gesundheitlicher Infrastruktur. Angesichts dessen wirkt die Einschätzung des Virologe C. Dorsten doch sehr fragwürdig: „SARS CoV2 hat gar nicht mehr so viel auf Lager, als das was es uns bisher zeigen konnte“. Von einem absehbaren Sieg über die Pandemie auszugehen, dürfte also eher Wunschvorstellungen entsprechen.
Ein konsequenter Kampf zu Eindämmung der Pandemie, neue Wege in der Prävention und Therapie von Covid, die Aussetzung des Patentrechts und eine weltweite Impfkampagne sind vordringlich!
Zur Ministerpräsidenten-Konferenz (MPK) am Dienstag, 10.August:
Während Professor Wieler vom RKI an der 7-Tages-Inzidenz als Leitwert für abgestufte Maßnahmen des Gesundhetisschutzes festhalten will, hat sich die Regierung offensichtlich für einen Wechsel auf „3I“ (Inzidenz, Impfquote, Intensivbetten-Belegung) entschlossen. Das ist Bestandteil des Strategiewechsels, die Infektion jetzt möglichst schnell „durchlaufen“ zu lassen auf Kosten vor allem der Jugend und der jungen Erwachsenen, die aktuell die höchsten Inzidenzwerte aufweisen. Aus Angst vor Impfdurchbrüchen sollen Betagte und Immunsupprimierte bald die dritte Impfung bekommen. In der Tat haben die Impfungen ihren Praxistest in Bezug auf schwere Verläufe bestanden! Das rechtfertigt aber in keinster Weise den eingeleiteten Rückzug der Regierungspolitik auf das Impfprogramm und „schnelle Herden-Immunität durch massive Zunahme von Infektionen“!
Die „3G“-Regelung für Zutritt zu Veranstaltungen, Restaurants usw. (Geimpft, Genesen, Getestet) soll bei Bedarf und in Verantwortung der Veranstalter, Hoteliers usw. auf „2G“ (Geimpft, Genesen) reduziert werden, Schnelltests sollen ab September kostenpflichtig für die Getesteten werden, als angeblicher „Anreiz gegen die Impfmüdigkeit“. Veranwortlich für die Stagnation beim Impfen sind jedoch die Regierung mit ihrem verwirrenden und fehlerhaften Krisenmanagement und die von den Medien zum Teil auch hochgepäppelten „Querdenker“, die ungestraft oft die absurdesten Fehlmeldungen verbreiten dürfen. Es kommt jetzt auf eine intensive und bewusstseinsbildende Überzeugungsarbeit an, im Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz usw., verbunden mit der Entlarvung des Querdenker-Sumpfes und seiner Hintermänner. Die von uns längst geforderte Entwicklung eines allseitigen und transparenten Impfregisters ist weiterhin eine unverzichtbare Forderung.
Die Schnelltests müssen kostenfrei bleiben, das Patentrecht für die Impfstoffe muss fallen, überzählige Impfdosen müssen umgehend und kostenfrei der WHO übergeben werden! Zero-Covid-Strategie statt fahrlässiger Freigabe des Infektionsgeschehens mit dem Risiko der Entwicklung von neuen Mutationen mit Untergrabung des bisherigen Impferfolges!
Eine fragwürdige „linke Corona-Kritik“ und neues aus der „Querdenker-Szene“
Angesichts sinkender Inzidenzwerten entfaltet sich unter „Corona-Kritikern“ aller Couleur eine vielschichtige und widersprüchliche Diskussion. Zu einer wichtigen Plattform vor allem für „linke“ Kritiker haben sich die „Nachdenkseiten“ entwickelt. Sie wurden 2003 gegründet von dem früheren SPD-Mitglied Albrecht Müller und hatten immer wieder auch prominente Gastautoren wie Prof. Butterwege, H. Flassbeck, O. Lafontaine, S. Wagenknecht und den Publizisten Werner Rügemer.
Vor kurzem nahm Rügemer, zusammen mit einer Reihe von Unterstützern, in einer öffentlichen Erklärung kritisch zur Corona-Politik der Regierung Stellung („Dauer-Desaster und enorme Schäden – notwendige Konsequenzen“). Er findet es an der Zeit, „den Pandemie-Modus zu beenden und die Folgen der Pandemie zu bewerten“. Nur Menschen mit geschwächtem Immunsystem und mit schweren Vorerkrankungen seien Covid-gefährdet. Was ist aber mit den zunehmenden jüngeren Covid-Infizierten, mit schweren Folgeschäden oder tödlichem Verlauf? Wie kann man ernsthaft von einem Ende der Pandemie sprechen, solange immer neue und zum Teil noch gefährlichere Virusvarianten auftauchen und die Pandemie immer wieder aufbricht, zum Teil auch unter Geimpften – wie aktuell in Israel und Groß-Britanien?
Dabei sind verschiedene Kritiken in dieser öffentlichen Erklärung durchaus berechtigt. An anderen Punkten übernimmt Rügemer aber fragwürdige und falsche Argumente von Coronaleugnern. So werden PCR-Testungen pauschal als ungeeignet abgelehnt – anstatt sie kritisch zu bewerten. Womit sollen denn künftig Covid-Infektionen nachgewiesen werden? Es entspricht einer skeptizistischen und positivistischen Methode, alles infrage zu stellen und auf eine Untersuchung des gesamten Zusammenhangs zu verzichten. Auf die Besonderheit des Virus, die allseitigen medizinischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge, die Indizien für einen künstlichen Ursprung, die Folgen von Covid für den Organismus und das Immunsystem, die Zusammenhänge mit der Umweltkrise und dem kapitalistischen Krisenchaos geht er nicht ein.
Damit desorientiert der Aufruf den notwendigen weltweiten Kampf zum Sieg über diese Pandemie und die notwendigen Lehren für eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung. Stattdessen bleiben illusionäre Reformforderungen wie „die ungleiche Verteilung der Kosten beenden, die Lasten fair verteilen“…
Gleichzeitig fehlt eine klare Abgrenzung nach rechts. Welche Rolle faschistische Netzwerke und „Querdenker“ spielen, wird ausgeblendet. Offensichtlich fällt die Querfrontstrategie von Faschisten hier auf einen fruchtbaren Boden.
Über die Impfung von Kindern ab 12 Jahren wird unverändert kontrovers diskutiert. Die STIKO empfiehlt die Impfung mit den beiden EU-weit zugelassenen Impfstoffen von Biontech und Moderna bislang noch nicht allgemein, sondern nur in begründeten Fällen mit Verweis darauf, dass es auch mit der Delta-Variante keine schweren Verläufe und nur seltene Fälle von Post-Covid gäbe (was so nicht haltbar ist!), auf fehlende Daten zum Myokarditis-Risiko und die relativ geringe Übertragung auf Erwachsene. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie weist zurecht darauf hin, dass eine ausreichende Immunität der Bevölkerung „ohne Impfung von Kindern und Jugendlichen nicht zu erreichen ist“. Die Mediziner-Plattform im Internationalistischen Bündnis schließt sich dieser Einschätzung an – angesichts der bevorstehenden 4. Pandemie-Welle, der Schulöffnungen und der großen Verunsicherung und psychischen Folgen der Pandemie unter der Jugend. Laut Bundesanstalt für Bevölkerungsforschung sind ca. 477 000 Jugendliche zwischen 16-19 Jahren auf Grund der Pandemie und des desaströsen Krisenmanagements mit den Ketten-Pseudo-Lockdowns zusätzlich von depressiven Symptomen betroffen (s.a. Dt. Ärzteblatt 3/2021).
Die Versäumnisse der Länder bei der Vorbereitung der Schulen und Hochschulen auf die Öffnung sind skandalös. Selbst ein Jahr, nachdem die Dringlichkeit der Ausstattung mit Luftreinigungsgeräten offenkundig war, ist nur ein geringer Teil der Schulräume damit ausgestattet.
Auf Kritik stießen die Aussagen von Willi Mast in unserer letzten Infomail zur „Evidence-based-medicine“. J.S. betont die Berechtigung der EBM angesichts eines Überflusses an wissenschaftlicher Information, den oft widersprüchlichen Studienergebnissen, den wachsenden methodischen Anforderungen an Studien, die Konsens- und Expertenkonferenzen erforderlich machen. Er verweist auf entsprechende Publikationen von Lauterbach und Schrappe, Gesundheitsökonomie, Qualitätsmanagement und EBM (2001) und David Sackett, u.a. Evidenzbasierte Medizin (1999).
Richtig ist, dass die Medizin auf wissenschaftlich bewiesenen Tatsachen beruhen muss und dass Aussagen in der unüberschaubaren Flut von mehr oder weniger wissenschaftlichen und auch pseudowissenschaftlichen Publikationen kritisch überprüft werden müssen. Das grundlegende Problem ist jedoch die vorherrschende positivistische Erkenntnismethode. Sie beschränkt sich darauf, einzelne Tatsachen und quantitative Zusammenhänge zu beschreiben und verzichtet darauf, diese in den medizinischen und gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang einzuordnen. Eine allseitige, dialektisch-materialistisch fundierte Wissenschaft muss die Natur und Gesellschaft in ihrer Widersprüchlichkeit, ihrer Entwicklung, in den Übergängen von quantiativen und qualitativen Veränderungen erfassen – und auch Partei ergreifen, gegen Profitorientierung und für den Menschheitsfortschritt.
Das Dilemma der EBM und der heutigen Corona-Forschung mit ihren oftmals widersprüchlichen Aussagen liegt ja gerade in einem positivistischen Scheuklappendenken, das meist darauf verzichtet, die „evidenten“ Einzel-Erkenntnisse in den Gesamtzusammenhang einzuordnen. In der Praxis führt EBM zum pragmatischen „auf Sicht fahren“
Kurzmeldungen:
Sport schützen Jugendliche vor Covid-19: An einer chinesischen Schule wurde untersucht, welche Risikofaktoren oder Schutzfaktoren bei Jugendlichen im Stress der Coronavirus-Pandemie vorlagen. Besonders belastet waren demnach Schüler, die konkret einem Infektionsrisiko in der Familie ausgesetzt waren, keine Geschwister hatten und wenig Sport trieben. Geimpfte Familienmitglieder und regelmäßige Sportprogramme könnten somit wichtige Faktoren sein, Jugendliche psychisch zu schützen.
[DOI: 10.3389/fpsyt.2021.695556
Vorhersage schwerer COVID-19-Verläufe anhand von Blut- und Urinwerten: Das Risiko eines schweren COVID-19-Verlaufs kann demnach in drei Kategorien klassifiziert werden (niedrig, mittel oder hoch): (1) normale Urin- und Blutbefunde, (2) auffällige Urinanalyse mit normalen Blutwerten oder (3) auffälliger Urin sowie pathologisches Serumalbumin <2 g/dl und/oder AT III <70%. Ein auffälliger Urinbefund war definiert als Anurie oder mindestens zwei pathologische Urinwerte (Osmolarität bzw. spezifisches Gewicht, Leukozyturie, Hämaturie, Albuminurie/Proteinurie. Die Daten bestätigen prinzipiell den Stellenwert von Nierenparametern als Seismograph für den COVID-19-Verlauf. Gross O, Moerer O, Rauen T et al. Validation of a Prospective Urinalysis-Based Prediction Model for ICU Resources and Outcome of COVID-19 Disease: A Multicenter Cohort Study. J. Clin. Med. 2021, 10(14), 3049; https://doi.org/10.3390/jcm10143049
Erforschung von nasalen Impfstoffen: Aktuell laufen weltweit mindestens sieben Studien zur Entwicklung von nasalen Impfstoffen. Nasale Impfstoffe hätten gegenüber parenteralen Impfstoffe wesentliche Vorteile: Einfache Logistik bei weltweiter Verbreitung, auch in ärmere Länder, bessere Akzeptanz bei Menschen mit skeptischer Einstellung zu Impfstoffen. Vor allem gibt es berechtigte Hoffnungen, damit auch schleimhaut-assoziierte IgA-Antikörper zu induzieren – und damit eine sterile Immunität zu erreichen. https://www.heise.de/hintergrund/Nasen-Impfstoff-gegen-COVID-19-gescheitert-doch-die-Versuche-gehen-weiter-6146131.html
Hochwirksame und stabile Nanobodies stoppen Sars-CoV-2
Ein Göttinger Forscherteam hat Mini-Antikörper entwickelt, die das Coronavirus Sars-CoV-2 und dessen gefährliche neue Varianten effizient ausschalten. Die sogenannten Nanobodies binden und neutralisieren das Virus bis zu 1000-Mal besser als zuvor entwickelte Mini-Antikörper. Zudem konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Mini-Antikörper so weit perfektionieren, dass sie sehr stabil sind und extreme Hitze unbeschadet überstehen. Diese einzigartige Kombination macht sie zu einem vielversprechenden Wirkstoff, um Covid-19 zu behandeln. Da sich Nanobodies kostengünstig und schnell in großen Mengen herstellen lassen, könnten sie sogar den weltweiten Bedarf an Covid-19-Medikamenten decken. Sie werden aktuell für klinische Tests vorbereitet
Güttler T. et al Neutralization of SARS-CoV-2 by highly potent, hyperthermostable, and mutation-tolerant nanobodies.
EMBO J (2021)
Wirksame antiseptische Mundspülungen gegen SARS-CoV-2
Auch der Deutsche Arbeitskreis für Hygiene in der Zahnmedizin (DAHZ) empfiehlt in seinem aktuellen Hygieneleitfaden zum Schutz von Personal und Patient unter anderem antiseptische Mundspülungen vor Behandlungsbeginn. Die Wirksamkeit von Povidon-Jod (PVP-J) 1 % gegen SARS-CoV-2 wurde in einer in-vitro-Studie mittels Suspensionsassays bestätigt. Bereits nach 30 Sekunden Exposition konnte mit allen getesteten Formulierungen eine Verringerung des Virustiters um ≥99,99% erreicht werden. Die Anwendung von Mundspülungen auf PVP-I-Basis verursacht im Gegensatz zu Mundspülungen auf Chlorhexamed-Gluconat (CHG)-Basis keine signifikante Änderung der Helligkeit der Zähne. Auch die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. (DGKH) veröffentlichte eine Empfehlung zum Einsatz des viruziden Gurgelns. Im Rahmen der Präexpositionsprophylaxe vor Aerosol-generierenden Maßnahmen, z. B. in der zahnärztlichen Praxis, rät sie zum Gurgeln mit 1,25% wässriger PVP-Iod-Lösung. Liegen Kontraindikationen gegen Iod vor (z. B. Hyperthyreose oder Iod-Allergie) kann alternativ auf Mundwässer mit ätherischen Ölen zurückgegriffen werden.
Corona-Infektion verändert Blutzellen langfristig:Mithilfe der Echtzeit-Verformungszytometrie konnten Forschende erstmals zeigen: Durch eine Covid-19-Erkrankung verändern sich Größe und Steifigkeit roter und weißer Blutkörperchen deutlich – zum Teil über Monate hinweg. Dies könnte eine Erklärung für Long Covid sein. Dabei zeigte sich, dass beispielsweise Größe und Verformbarkeit der roten Blutkörperchen von Erkrankten stärker schwankte als die von Gesunden. Das deutet auf eine Schädigung dieser Zellen hin und könnte das erhöhte Risiko von Gefäßverschlüssen und Embolien der Lunge erklären. Zudem kann dadurch die Sauerstoffversorgung, die zu den Hauptaufgaben der Erythrozyten zählt, bei Infizierten beeinträchtigt sein.
Lymphozyten waren bei Corona-Patienten wiederum deutlich weicher, was auf eine starke Immunreaktion hinweisen kann. Ähnliche Beobachtungen konnten die Forscher auch bei neutrophilen Granulozyten machen. Diese Zellen blieben 7 Monate nach der akuten Infektion drastisch verändert. Die Autoren der Studie vermuten, dass sich das Zellskelett der Immunzellen, welches maßgeblich für die Zellfunktion verantwortlich ist, verändert. Aus ihrer Sicht hat die Echtzeit-Verformungszytometrie das Potenzial, routinemäßig bei der Diagnose von Covid-19 eingesetzt zu werden – und sogar als Frühwarnsystem vor künftigen Pandemien durch noch unbekannte Viren zu dienen.
Kubánková M, Hohberger B, Hoffmanns J, Fürst J, Herrmann M, Guck J, Kräter M, Physical phenotype of blood cells is altered in COVID-19, Biophysical Journal (2021), doi:https://doi.org/10.1016/j.bpj.2021.05.025.
Spermidin und Bandwurmmittel gegen SARS-CoV-2?
Forschende des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Universität Bonn haben analysiert, wie SARS-CoV-2 den Stoffwechsel der Wirtszelle zu seinen Gunsten umprogrammiert. Wie sie im Fachblatt Nature Communications berichten, konnten sie so vier Wirkstoffe identifizieren, die die Vermehrung des Virus in Zellen hemmen: die körpereigenen Stoffe Spermin und Spermidin, das experimentelle Krebsmedikament MK-2206 und das Bandwurmmittel Niclosamid. Ob sich Niclosamid auch bei Menschen als wirksam gegen Covid-19 erweist, untersucht die Charité jetzt in einer klinischen Studie. Die wichtigste Erkenntnis: Das neue Coronavirus drosselt den zelleigenen Recycling-Mechanismus – die sogenannte Autophagie. Dieser Prozess der „Selbstverdauung“ dient dazu, molekulare Bausteine für neue Zellstrukturen zu produzieren, indem beschädigtes Zellmaterial und Abfallprodukte abgebaut werden. Die Ergebnisse der Untersuchung legten nahe, dass der Recycling-Mechanismus ein möglicher Angriffspunkt für die Covid-19-Therapie sein könnte. Vier Verbindungen, die das Zell-Recycling ankurbeln, erwiesen sich in in-vitro-Untersuchungen als wirksam . Dazu zählte das Polyamin Spermidin, ein Autophagie-förderndes Stoffwechselprodukt, das jede Zelle des Körpers selbst herstellen kann und auch von Bakterien im Darm produziert wird. Die Erkenntnisse aus der Zellkultur sind ein guter Ausgangspunkt für Studien am Tiermodell. Inwieweit auch Fasten, das die Autophagie im Körper anregt, bei Infizierten sinnvoll sein kann, ist unklar, da der Körper ja während einer Infektion viel Energie für die Immunreaktion braucht.
Die Verbindung mit dem größten antiviralen Effekt war das Bandwurmmittel Niclosamid, das sich in einer früheren Studie des Forschungsteams bereits als wirksam gegen das MERS-Coronavirus gezeigt hatte: Es senkte die Produktion infektiöser SARS-CoV-2-Partikel um mehr als 99 Prozent. „Niclosamid hat in unseren Zellkultur-Untersuchungen den stärksten Effekt gezeigt und ist außerdem ein seit Jahren für Bandwurm-Infektionen zugelassenes Medikament, das bei potenziell wirksamen Dosierungen gut verträglich ist“, sagt Privatdozent Dr. Müller. „Wir halten es für den vielversprechendsten der vier neuen Wirkstoffkandidaten. Deshalb prüfen wir an der Charité jetzt im Rahmen einer klinischen Studie, ob Niclosamid auch bei Covid-19-Betroffenen positive Effekte erzielen kann“.
Bandwurmmittel gegen SARS-CoV-2?; charite; 22.06.2021
Starke kognitive Defizite bei Intensivpatienten: Jama open publizierte kürzlich eine Studie des Internationalen Konsortiums GCS NeuroCovid. Diese stellt kognitive Defizite bei 80 % der stationär behandelten Covid-19-Patienten fest. Bei Intensivpatienten fanden sich Zeichen einer beschleunigten Hirnalterung (um 10 Jahre). Die pathophysiologische Erklärung für vorzeitige Alterungsprozesse und verkürzte Lebenserwartung nach Covid-Infektion liegt wahrscheinlich in der Konkurrenz von CoV2 mit Angiotensin um dem ACE-Rezeptor begründet.
(G. Bittel u.a., Covid 19, neuartig, gefährlich – besiegbar, S. 60/61)
Vegetarische Ernährung vorteilhaft bei Covid 19: Über mögliche Einflüsse der Ernährungsweise auf den Krankheitsverlauf von Covid-19 wird schon länger spekuliert. Nach den Ergebnissen einer internationalen Fall-Kontroll-Studie scheint eine überwiegend vegetarische Ernährung mit oder ohne Fischverzehr den Covid-19-Verlauf günstig zu beeinflussen.
Hyunju Kim et al; Plant-based diets, pescatarian diets and COVID-19 severity: a population-based case–control study in six countries; BMJ Nutrition, Prevention & Health (2021); doi:10.1136/bmjnph-2021-000272doi:10.1136/bmjnph-2021-000272