Liebe Kollegen/innen und Freunde,
entschuldigt unsere etwas längere „Sendepause“. Sie war intensiven Recherchen geschuldet und auch verbunden mit den Vorbereitungen für ein Taschenbuch, das wir in Kürze herausgeben wollen.
Dennoch ist so einiges in den letzten Wochen passiert, das für unsere Arbeit wichtig ist, zur Wachsamkeit mahnt und auch die Organisierung von Kampfbereitschaft und Kämpfen im Gesundheitswesen erfordert.
Impfstoff für alle? Der Lack blättert:
Die Bundesregierung hat sich Millionen Dosen eines möglichen Impfstoffs gegen das Coronavirus gesichert, der noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen könnte. Deutschland und drei weitere europäische Länder schlossen mit dem Pharmakonzern AstraZeneca einen Vertrag über die EU-weite Lieferung von mindestens 300 Millionen Dosen des Impfstoffs ab, der derzeit an der Universität Oxford entwickelt wird, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstag mitteilte.
Pandemieentwicklung:
Das Epizentrum der Pandemie liegt inzwischen in den USA und Lateinamerika. In zahlreichen Ländern Afrikas und Asiens ist der Verlauf ebenfalls unkontrolliert, besonders sticht hier Indien negativ hervor. In der BRD gibt es zurzeit mindestens 14 Hotspots (RKI). Auch China meldet einen erneuten Corona-Ausbruch: Teile von Peking wegen neuer Corona-Infektionen am 13.6. abgeriegelt
Corona, Übergang von Zoonosen, Massentierhaltung und Fleischindustrie:
Fleisch
ist ein dickes Geschäft – vor allem in Deutschland. Es geht um
einen Umsatz von mehr als 40 Milliarden Euro im Jahr, kein Zweig
unserer Lebensmittelindustrie ist größer! Dieser Markt in den
Händen von Monopolen wie Tönnies, Vion, Westfleisch und Wiesenhof
beutet die dort beschäftigten Billigarbeiter vorwiegend aus
Osteuropa gnadenlos aus. Die fast durchweg unerträglichen Zustände
der Massentierhaltung sind eine der wesentlichen Grundlagen für den
Übergang von Zoonosen auf den Menschen. Laut der Zeitschrift
Umwelt-Medizin-Gesellschaft Heft 33 (2/2020) S.11 haben bis zu
800.000 bisher unbekannte Viren das Potenzial, auf den Menschen
überzuspringen („Pandemie-Risiko wächst mit zunehmender
Umweltzerstörung“)
Noch vor 20 Jahren führte Deutschland
Schweinefleisch ein, um die Nachfrage decken zu können. Heute wird
längst weit über Bedarf produziert. Es wurden sogar dann noch immer
mehr Tiere geschlachtet, als der Konsum für Schweinefleisch spürbar
zurückging. Rasant hat sich
Deutschland vom Netto-Importeur zum Massenexporteur entwickelt, die
Schweinfleischindustrie ist heute geradezu abhängig vom
Exportgeschäft.
http://mailings.foodwatch.de/m/13645193/505219-0dd59d09db5591d7142500cc7fab2d21
Gewerkschaft verdi zum Kampf gegen Überarbeitung und Kurzarbeit:
„Ein Teil der Beschäftigten des Gesundheits- und Sozialwesens ist infolge der Corona-Pandemie besonders gefordert. In Laboren, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Wohnheimen für Menschen mit Behinderung arbeiten Belegschaften vielerorts am Limit – auch, weil die Personalbesetzung schon vor der Verbreitung des Coronavirus unzureichend war. Anderswo steht nahezu alles still. Fast jeder dritte Betrieb in Deutschland hat Kurzarbeit angemeldet. Darunter sind auch Gesundheits- und Sozialeinrichtungen. Selbst manche Akutkliniken haben versucht, ihre Lohnkosten durch Kurzarbeit zu reduzieren, bis die Bundesagentur für Arbeit dagegen einschritt. ver.di tritt dafür ein, dass Kurzarbeit im Gesundheits- und Sozialwesen wo immer möglich vermieden wird. Wenn das nicht geht, müssen die Bezahlung aufgestockt und die Refinanzierung sichergestellt werden. Für den April weist die Statistik der Bundesagentur für Arbeit im Sozialwesen über 6.000 Betriebe aus, die Kurzarbeit beantragt haben, mit insgesamt mehr als 132.000 potenziell betroffenen Beschäftigten. Noch nicht bekannt ist bislang, wie viele Beschäftigte tatsächlich in Kurzarbeit sind oder waren. Klar ist aber: Die Schulassistenz ist besonders stark betroffen.“
https://gesundheit-soziales.verdi.de/coronavirus/++co++8786f9ce-a19b-11ea-8ac2-001a4a160100
Im Klartext: Tausende von Inklusionshelfern sind von Kurzarbeit und Arbeitsplatzverlust betroffen – mit allen Konsequenzen für die betroffenen Kinder und Jugendliche!
Studie: Blutwerte erlauben Prognose über COVID-19-Verlauf
„Bei einer COVID-19-Erkrankung lässt sich anhand von 2 Typen von Abwehrzellen im Blut vorhersagen, ob ein Patient einen schweren Verlauf oder nur milde Symptome entwickelt. Dies zeigt eine Studie an 40 COVID-19-Patienten im chinesischen Wuhan.
Die Befunde seien in Deutschland bei mehreren Patienten bestätigt worden, sagt Co-Autor Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie der Uniklinik Essen und Vizepräsident der Gesellschaft für Virologie. Mehrere Medien hatten zuvor über die in EBioMedicine (2020; DOI: 10.1016/j.ebiom.2020.102763 veröffentlichte Studie berichtet.
Bei einem der beiden Immunzelltypen handelt es sich laut Dittmer um sogenannte Killer-T-Zellen mit einem bestimmten Oberflächenmarker (CD8). Sie töten virusinfizierte Körperzellen ab und unterbrechen damit die Vermehrung des Coronavirus SARS-CoV-2. „Wenn die Patienten nur wenige von diesen Zellen haben, haben sie ein hohes Risiko, schwere Symptome wie etwa eine Lungenentzündung oder Gerinnungsstörungen zu entwickeln“, erläuterte Dittmer.
Der andere Zelltyp sind sogenannte Neutrophile. „Die sind eigentlich dafür da, Bakterien abzuwehren. Sie können aber auch T-Zellen in ihrer Funktion unterdrücken.“ Demnach wurden in Blutproben mit vielen Neutrophilen nur wenige T-Zellen gefunden, was mit einem schwereren Krankheitsverlauf verbunden war.
„Besonders betroffen hat das Patienten mit Vorerkrankungen, die dazu führen, dass die Anzahl der T-Zellen abnimmt, etwa Patienten nach Transplantationen, die Medikamente zur Unterdrückung von Abstoßungsreaktionen erhalten“, sagte Dittmer. Betroffen seien auch Krebspatienten unter einer Chemotherapie, ältere Menschen, bei denen die Zahl der T-Zellen altersbedingt abnehme, oder fettleibige Patienten.
„Man weiß, dass übergewichtige Personen schwächere und weniger T-Zellen haben.“ An der Uniklinik Essen habe es sich bei mehr als 70 % der schweren COVID-19-Verläufe um übergewichtige Männer gehandelt.
Für eine COVID-19-Therapie folge daraus, dass man zu Anfang einer Infektion versuchen könnte, die Killer-T-Zellen zu stimulieren – das könnten etwa bestimmte Impfstoffe. Auch die Vitamine A und C könnten die Funktion der T-Zellen verbessern. Bei Transplantierten könne man die Dosis der Medikamente zur Abwehrunterdrückung senken, bei Krebspatienten müsste man im Fall einer SARS-CoV-2-Infektion die Chemotherapie unterbrechen ….
aus: aerzteblatt.de, 11.6.20
In vielen Ländern, auch in Deutschland, ist eine Debatte entbrannt, welche Rahmenbedingungen für die Öffnung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen sind. Nach Regierungsplänen erfolgen diese weitgehend ohne Tests und ausreichende Schutzmaßnahmen, was zu Recht den Protest von LehrerInnen, ErzieherInnen, Eltern, verdi und GEW hervorgerufen hat. Deswegen unterstützen wir die Forderung „Schrittweise Öffnung der Schulen UND konsequenter Gesundheitsschutz!“ (aus dem Forderungsprogramm des Jugendverbands Rebell)
In Göttingen mussten in dieser Woche Schulen und Kindergärten wegen Corona-Ausbrüchen an Hotspots geschlossen werden. Auch in Duisburg mussten zwei Kitas deshalb dichtmachen.
https://rp-online.de/nrw/staedte/duisburg/duisburg-coronavirus-sorgt-fuer-schliessung-der-kita-kalkweg-in-wanheimerort_aid-51544435 Rheinische Post 8.6.2020
Momentan erfolgt vorwiegend die Infektion der Kinder durch Erwachsene. Auch Israel ist hier ein warnendes Beispiel:
Mehr Corona-Infektionen : In Israel müssen annähernd 130 Schulen und Kitas schließen
In Israel wächst die Sorge vor einer zweiten Corona-Welle: Besonders in den wiedereröffneten Schulen steigen die Infektionszahlen. Die Regeln sind streng: Sobald nur ein Schüler oder Lehrer nachweislich infiziert ist, wird sofort die ganze Schule geschlossen. … Während zu Beginn der Krise vor allem Altersheime betroffen waren, zeichnen sich nun die Schulen als neue Infektionsherde ab.
Bei 347 Schülern und Lehrern ist bisher der Erreger Sars-CoV-2 nachgewiesen worden, mehr als die Hälfte von ihnen von Schulen in Jerusalem. Rund 17.500 Schüler und Lehrer sind in häuslicher Quarantäne. Abschlussfeiern zum Ende des Schuljahrs sollen nur noch in eingeschränkter Form stattfinden.
Zur angeblichen Massentestung:
Im Bundestag und Bundesrat wurden im Mai neue Pandemie-Gesetze beschlossen. Der Öffentlichkeit wurde durch die Medien suggeriert, dass damit jetzt die Massentestung begonnen hätte. Bei näherer Betrachtung eine ziemliche Mogelpackung:
Erst ließ das Gesundheitsministerium die notwendige Durchführungsverordnung vermissen, die Krankenkassen liefen Sturm für die im Gesetz vorgesehene Kostenübernahme durch die GKV, kündigten teilweise regionale Verträge mit Testzentren, so dass die Zahl der Tests weiter zurückging!
Die vom Gesundheitsministerium angeblich geplanten wöchentlich 4,5 Millionen Tests für 2020 sind also bisher eine Fiktion. Sie würden 7,6 Milliarden Euro kosten und eine Beitragserhöhung von 0,8 Punkten auslösen. Was sind „lächerliche“ 7,6 Milliarden im Vergleich zu 2,4 Billionen (2.400 Milliarden) Euro, die bereits für Krisenprogramme zu Gunsten der internationalen Monopole zur Verfügung gestellt wurden? Nach einem Höhepunkt in der Kalenderwoche 20 mit 430.882 Tests gingen diese in der Kalenderwoche 21 schon wieder auf 344.782 zurück. Die Testkapazität in Deutschland liegt aber bei 161.911 Tests pro Tag, wird also nur zu einem geringen Teil ausgenutzt.
Die Krankenkassen erwarten im nächsten Jahr auf jeden Fall eine finanzielle „Schieflage“. Durch Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, Insolvenzen, Stundung von Beiträgen sinken die Beiträge. Wenn die Kassen die Testungen bezahlen müssen, dann werden am ehesten die Zusatzbeiträge von jetzt durchschnittlich 1,1 % auf bis zu 2,2 % verdoppelt werden. (WAZ 13.6.2020). Die Monopole wollen auf keinen Fall eine Erhöhung der Beiträge. Die andere Variante sind Zuschüsse durch den Bund. In jedem Fall sollen die Massen selbst die Testungen bezahlen! Nein – sollen doch die Ausschüttungen für Dividenden herhalten.
Siehe auch RF-News: https://www.rf-news.de/2020/kw24/massentests-auf-coronavirus-jetzt
In dieser Woche kam nur die Durchführungsverordndung. Auf der Homepage BGM 12.6.2020 war zu lesen:
„Zukünftig können auch Personen auf das Coronavirus getestet werden, wenn sie keine Symptome aufweisen. Bezahlt werden die Tests von den gesetzlichen Krankenkassen. Auch umfassende Tests in Pflegeheimen, Schulen oder Kindertagesstätten sind künftig möglich. Alle Personen in diesen Einrichtungen können getestet werden, wenn dort ein COVID19-Fall aufgetreten ist. In Pflegeheimen und Pflegediensten können auch unabhängig von aufgetretenen Fällen Tests durchgeführt werden. Das sieht die neue Testverordnung vor, die Bundesgesundheitsminister Spahn Ende Mai vorgelegt hatte und die rückwirkend zum 14. Mai in Kraft getreten ist.
Fragen und Antworten zur Testverordnung
1. Hat jetzt jeder Anspruch auf einen Test?
Tests auf SARS-CoV-2 wurden bislang bereits von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen, wenn jemand Symptome hatte, die auf eine Infektion hindeuten. Der Test ist dann Teil der Krankenbehandlung. Rückwirkend zum 14. Mai können jetzt zusätzlich auch die Laborkosten für einen Test bei Personen übernommen werden, die keine Symptome haben: Tests bei asymptomatischen Personen können entweder im Rahmen einer Einweisung ins Krankenhaus vorgenommen werden oder sie müssen vom Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) – also dem zuständigen Gesundheitsamt – nach den Vorgaben der neuen Testverordnung veranlasst werden. Die GKV übernimmt dann die Kosten. Möglich werden mit dieser neuen Regelung zum Beispiel umfassende Tests bei Kontakten zu Infizierten, bei Ausbrüchen in Kitas oder Schulen sowie Reihentests in Krankenhäusern und Pflegeheimen.
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/corona-test-vo.html
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html
Kommentar: Es bleibt also im Wesentlichen bei der Testung von Patienten mit klinischem Verdachtsfall, hinzu kommen regelhaft lediglich alle stationären Aufnahmen ins Krankenhaus. Die Antikörpertests werden weiterhin so gut wie boykottiert, zu Lasten der GKV darf nur IgG in der zweiten Woche nach Krankheitsbeginn untersucht werden!
Nimmt man ergänzend noch dazu, dass der GBA die Vergütung für den PCR auf 37€ herabgestuft und auf 5x im Krankheitsfall limitiert hat, dann wird schnell klar, dass hier ein ziemlicher Hammer läuft! Das ist so ziemlich das Gegenteil von „Massentestung ohne Wenn und Aber“! In den Medien wurde es so dargestellt, dass jetzt Massentests laufen – das stimmt eben nicht, obwohl wir diese aus vielen Gründen dringend brauchen! Es bleibt den Gesundheitsämtern überlassen, wann und wo und wie viele Abstriche sie anordnen!
Dr. Bernd Hontschik, ärztlicher Kollege und bekannter Kolumnist der Frankfurter Rundschau, hat uns eine Kolumne (siehe pdf im Anhang) und ein Interview in der FR zugeschickt, das wir hier gerne weiter geben und zur Diskussion stellen! Er schreibt uns: „Vor 14 Tagen ist mein Interview in der Reihe „die welt nach corona“ erschienen. Es ist sehr beachtet worden, was mich sehr freut. Ich habe viele Kommentare und Zuschriften bekommen. Herzlichen Dank dafür, ich konnte dadurch einiges dazulernen.“
http://www.hontschik.de/chirurg/rundschau/FR-Interview%20mit%20Bernd%20Hontschik%20-%2031.5.2020.pdf
Am Sonntag, 21. Juni, tagt der Bündnisrat des Internationalistischen Bündnis in Gelsenkirchen Horst im Arbeiterbildungszentrum, wir sind als Plattform eingeladen und ich frage hiermit an, wer an dem Treffen teilnehmen möchte und kann (Beginn vormittags, Uhrzeit kommt noch, für Mittagessen ist gesorgt).
Herzliche Grüße und alles Gute!
Günther Bittel, Willi Mast, Günter Wagner