Aus ganz Deutschland – und sogar aus dem Ausland – kamen am vergangenen Samstag 700 Antifaschistinnen und Antifaschisten zur Gedenkkundgebung anlässlich des 75. Jahrestags der Ermordung Ernst Thälmanns nach Weimar. Aufgerufen hatte das Internationalistische Bündnis mit seinen 38 Trägerorganisationen sowie weitere Kräfte, darunter auch Gliederungen der LINKE. Sie alle ließen sich durch das Verbot des Stiftungsrates der Gedenkstätte Buchenwald, dem das Verwaltungsgericht Weimar und Oberverwaltungsgericht folgten, nicht aufhalten nach Thüringen zu kommen, um Ernst Thälmann zu gedenken. Die Hamburger Kultur- und Geschichtswerkstatt, war mit einem eigens für den Tag gemachten Transparent da. Darauf hieß es: „Einen Finger können sie brechen, doch fünf sind eine Faust.“ Jugendliche des REBELL hatten gemeinsam mit Klaus Dimler, Mitglied der LAG Buchenwald und Sohn von Kurt Dimler, einem der Mitglieder des illegalen internationalen Lagerkomitees, den Schwur von Buchenwald eingeübt. Die Band Pueblos hatte extra ein neues Lied geschrieben, darin hieß es: Ernst Thälmann hat nie aufgegeben.
Tassilo Timm aus Erfurt von der Koordinierungsgruppe des Internationalistischen Bündnisses Thüringen und Landesvorsitzender der MLPD Thüringen ging in seiner Rede darauf ein, wie Ernst Thälmann ab 1935 unermüdlich an der proletarischen Einheitsfront arbeitete. „ Gedenken an Thälmann ist nicht Bewahren seiner Asche, sondern Weitertragen seiner Glut!“ In diesem Sinne sollte jeder Demokrat, jeder Antifaschist, jeder Marxist-Leninist den heutigen Tag zum Anlass nehmen, die Glut des kommunistischen Freiheitsideals zur Flamme werden zu lassen und vor allem unter die Jugend weiter zu tragen“.
Gespannt waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Rede von Stefan Engel, Leiter des theoretischen Organs der MLPD. Diese und ihr Gegenwartsbezug war im Vorfeld besonderes Ziel der antikommunistischen Attacken des Stiftungsrats. Stefan Engel zog in seiner Rede Lehren was die antifaschistische Losung ‚Wehret den Anfängen‘ heute bedeutet: „ Das heißt heute, der wachsenden antikommunistischen Ausgrenzungen und Unterdrückung zu widerstehen. Heißt, konsequent die Wurzeln des Faschismus im imperialistischen Gesellschaftssystem aufzudecken und den bürgerlichen Antifaschismus zu bekämpfe. Heißt, ein breites Bündnis zwischen Antifaschisten, Demokraten und Marxisten-Leninisten voranzutreiben, heißt, den Faschisten, wo immer sie auftreten, keinen Fußbreit zu erlauben. Heißt vor allem, den Gedanken des proletarischen Internationalismus und des Kampfs für eine befreite sozialistische Gesellschaft hoch zu halten. So ehren wir Ernst Thälmann, den großen Arbeiterführer der revolutionären Arbeiterbewegung, der für uns alle immer ein Vorbild bleibt“.
Nach der beeindruckenden Gedenkveranstaltung wurden rote Nelken niedergelegt.
Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkkundgebung, gerade auch Jugendliche, waren noch nie in der Gedenkstätte Buchenwald. Doch selbst Führungen über das Mahnmal am Ettersberg durch das Internationalistische Bündnis wurden vom Stiftungsrat untersagt. Deshalb wurden kurzerhand Tafeln mit großen Fotos vom Mahnmal gemacht und in Weimar aufgestellt und rund 25 Führungen mit jeweils 10 bis 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchgeführt. Eine Teilnehmerin berichtete: „ Die Führung hat mich sehr beeindruckt. Durch die Bilder, besonders der Stelen, konnte man sich eine sehr gute Vorstellung machen vom Leiden aber auch vom Kampf der Buchenwalder Häftlinge, von der gegenseitigen Hilfe und Solidarität – bis hin zur Selbstbefreiung des Lagers. Die hohe proletarische Moral und der gemeinsame illegale Kampf von Häftlingen verschiedenster Nationen und Weltanschauung.“
Eine 50-köpfige Delegation der Gedenkveranstaltung des Internationalistischen Bündnisses zog zum Ende der Kundgebung zur Kranzniederlegung der MLPD in der Gedenkstätte des KZ Buchenwald los. Darunter Vertreter der türkischen Migrantenorganisationen ATIF und ADHF, Flüchtlinge, Industriearbeiter, viele Jugendliche.
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung führte das InterBündnis eine Protestdemonstration durch die Weimarer Innenstadt durch. „Den Anfängen wehren, Ernst Thälmann ehren.“ und „Hinter dem Faschismus steckt das Kapital – der Kampf um Befreiung ist international“ schallte es durch die Straßen. Hunderte Passanten verfolgten interessiert den beeindruckenden Demonstrationszug, der mit einem Blumenkranz, Portrait von Ernst Thälmann und nächtlich gedruckten Bannern angeführt wurde. Fritz Ullmann, Mitglied der Koordinierungsgruppe des InterBündnis und Stadtrat des Linken Forum in Radevormwald war zusammen mit Gabi Fechtner von der MLPD einer der Moderatoren.
Während der Demonstration wurden solidarische Grüße von Mitgliedern des Verdi-Bundesmigrationsausschuss, der Verdi-Gewerkschaftssekretärin für Frauen- und Gleichstellungspolitik NRW und weiteren überbracht. Latife Cenan-Adigüzel von der Anatolischen Föderation schrieb: „ Damals vor 75 Jahren haben sie Ernst Thälmann wegen seiner Gedanken erschossen. Heute sperren sie Menschen wegen ihrer Gedanken weg. Gestern und heute geht das grausame Verhalten und die Politik gegen Antifaschisten und die Bevölkerung weltweit weiter. Egal was sie gegen uns tun, sie können den Kampf gegen Ungerechtigkeit nicht verhindern. Ernst Thälmann und andere Revolutionäre, die im Kampf gefallen sind, werden wir nicht vergessen“. Doris Feuerbach von der Kommunistischen Plattform in DIE LINKE aus Erfurt sagte: „Ich empfinde diesen Urteilsspruch des Weimarer Verwaltungsgerichts als eine Ungeheuerlichkeit. Jetzt versteht man besser, was mit RECHTSstaat gemeint ist. Dagegen sind im Grunde alle linken Kräfte auf den Plan gerufen. … Lasst uns für die Zukunft enger zusammenarbeiten. Ich will das Meine in der Partei Die LINKE dafür tun.“
Ulja Serway von der Koordinierungsgruppe des InterBündnis zieht folgendes Resümee: „ Wir lassen uns das überparteiliche und konsequent antifaschistische Gedenken an Ernst Thälmann nicht verbieten. Das hat der Tag eindrücklich deutlich gemacht. Aus Respekt vor den Opfern des Faschismus sind wir am Samstag den gesetzlichen Auflagen gefolgt und haben unsere Gedenkveranstaltung auf dem Buchenwaldplatz in Weimar durchgeführt. Das bedeutet aber nicht, dass wir diese antikommunistische Unterdrückung akzeptieren werden. Das Verbot unserer antifaschistischen Gedenkveranstaltung in der antifaschistischen Gedenkstätte Buchenwald – ein einmaliger Vorgang in der deutschen Nachkriegsgeschichte – ist und bleibt ein Skandal. Das wird noch weiter aufzuarbeiten sein“.